Waffen liefern und/oder verhandeln?

Sollen die Ukraine und Russland verhandeln? Offenbar haben beide Seiten daran kein Interesse . Sollte man überhaupt mit dem Kriegsverbrecher im Kreml sprechen? Nach wie vor geht ein tiefer Riss durch die deutsche Gesellschaft. Das Meinungsforschungsinstitut in Allensbach hat für die FAZ, beide keine der Putinfreundlichkeit verdächtige Quellen, festgestellt, dass 49 Prozent lieber Verhandlungen will als Waffen liefern, obwohl die Frage die Verhandler-Position nur verkürzt anspricht:

„Wenn Deutschland und die anderen westlichen Länder die Unterstützung für die Ukraine ausweiten und noch mehr Waffen liefern, wird Russland das als Provokation begreifen und den Krieg noch weiter eskalieren, vielleicht sogar mit Atomwaffen. Daher sollten wir uns mit Unterstützung zurückhalten, um die Situation nicht zu verschlimmern.“

Der dagegen durchaus besser ausargumentierten Waffen-liefer-Position wollten nur 33 >Prozent folgen:

„Deutschland und die westlichen Länder müssen alles dafür tun, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnt, also auch die Waffenlieferungen an die Ukraine deutlich ausweiten. Wenn wir uns mit Unterstützung zurückhalten, dauert der Krieg nur länger und die Situation wird noch schlimmer.“

Folgt man den Medien, sei es der SPIEGEL, die taz, oder der Stadtanzeiger, so wird die „Verhandler“-Position als gewissenlos und traumtänzerisch dargestellt, und man gewinnt den Eindruck, es sei eine traumtänzerische Minderheit, die aus Angst und/oder Blödheit etwa dem Manifest von Schwarzer/Wagenknecht zustimmt.

Die Debatte darum ist gewaltig. Die Linke hat sich dem als Partei nicht anschließen wollen. Es gibt dort auch die Gegenposition, wie sie etwa von unserem Freund Paul Schäfer vertreten wird.

In der Taz begründet Thilo Bode, Greenpeace-Chef, seine Unterschrift, während taz-Redakteur Jan Feddersen den ProtagonistInnen moralische Haltlosigkeit vorwirft.

Ohne Bezug zu dem Aufruf hat Jürgen Habermas erklärt, warum es – jenseits von Pazifismus – ein Gebot von Humanität und Vernunft ist, alle Verhandlungsmöglichkeiten auszuschöpfen. Der Beitrag von Habermas ist hinter einer Bezahlschranke, und selbst dort finde ich ihn nicht mehr. Bei Bedarf könnt ihr ihn vin mir bekommen:

heinemann@rls-nrw.de

 

Die Neuordnung der Welt

Vortrag & Diskussion mit Ingar Solty

VERANSTALTUNGSORT

Salon Freiraum
Gottesweg 116a
50939 Köln

ZEIT

06.02.2023, 19:30 – 21:30 Uhr

Der Ukraine-Krieg ist der Katalysator einer neuen Weltordnung. Die für hirntot erklärte NATO ist zu neuem Leben erweckt, Europa und Deutschland sind militärisch, energie- und handelspolitisch von den USA abhängiger denn je. Wäre Aufrüstung und eine europäische Armee eine Alternative?

Die Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von den billigen Rohstoffen aus Russland wird ihr nun zum Verhängnis. Aber die Krise wird durch Inflation und Reallohnsenkung auf die arbeitende Bevölkerung abgewälzt. Die ökologische Katrastrophe verlangt energisches politisches Handeln, doch sie gerät angesichts des Krieges und der Wirtschaftskrise aus dem Blick.

Und im Globalen Süden kämpfen die USA und China um die Hegemonie. Die neue Block-Konfrontation wird moralisch aufgeladen – Hier der freie Westen, mit Ungarn, Saudi-Arabien, Katar, dort die autoritären Staaten, im Zweifel alle, die nicht zum „freien Westen“ gehören. Und hierzulande verschärft sich die politisch-moralische Konfrontation, man behauptet, die LINKE stehe auf der gleichen Seite wie die AfD, weil sie die militärische und wirtschaftspolitische Konfrontation nicht mitmachen will.

Alte eindeutige Zuordnungen – friedenspolitisch, wirtschaftlich und politisch-moralisch sind ins Wanken geraten, die Welt und mit ihr unsere Weltbilder müssen neu sortiert werden. Dabei wird uns Ingar Solty helfen.

  • Ingar Solty ist Referent für Friedens- und Sicherheitspolitik am Institut für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Fellow des Instituts für kritische Theorie e.V. und Redakteur bei der Zeitschrift «LuXemburg».